Gegen Ende des Paläolithikums waren große Teile Europas mit Gletschern bedeckt und daher unbewohnbar. Schätzungen zufolge lebten damals nur 5.000 bis 130.000 Menschen über den gesamten Kontinent verstreut. Diese Populationen konzentrierten sich in relativ kleinen bewohnbaren Gebieten, sogenannten Refugien.
Nach dem Ende der Eiszeit begannen diese Gruppen, Europa erneut zu besiedeln: Dies war der Beginn des Mesolithikums oder Mittelsteinzeit. Für Teile Europas, die nicht stark von der Eiszeit beeinflusst wurden, spricht man auch vom Epipaläolithikum . Das Mesolithikum war eine Übergangszeit zwischen dem Ende der letzten Eiszeit und dem Aufkommen der Landwirtschaft.
Das Mesolithikum auf dem Balkan begann um 13.000 v. Chr.. In Westeuropa begann das frühe Mesolithikum ab etwa 12.000 v. Chr. mit dem Azilien in der Region Nordspanien und Südfrankreich. In anderen Teilen Europas begann das Mesolithikum um 9500 v. Chr., zu Beginn des Holozäns. Die Periode endete mit der Einführung der Landwirtschaft, je nach Region zwischen 6500 und 3500 v. Chr..
Während des Mesolithikums entwickelte man kleinere Werkzeuge und Waffen und diversifizierte das Jagen und Sammeln. Es gab einen Rückgang der groß angelegten Gruppenjagd auf große Tiere und eine Verschiebung hin zu kleineren, vielseitigen Technologien.
Westliche Jäger-Sammler
Die Westlichen Jäger-Sammler (WHG) sind eine der wichtigsten mesolithischen Bevölkerungsgruppen.
Das DNA der WHG wird auch als Villabruna-Cluster bezeichnet, nach einem Fund aus Norditalien von einem Grab aus etwa 12.000 v. Chr., mit einem Skelett mit der frühesten Form dieser DNA. Der Villabruna-Cluster steht in enger Verbindung mit der paläolithischen Epigravettianischen Kultur aus Italien und dem Balkan.
Die Menschen mit dem Villabruna-Cluster-DNA breiteten sich um 17.000 v. Chr. nach Italien und auf die Iberische Halbinsel aus. Auf der Iberischen Halbinsel vermischten sie sich mit der lokalen Bevölkerung der Magdalénien-Kultur. Diese Cro-Magnons oder Europäische Frühmoderne Menschen (EFM) waren vor mehr als 30.000 Jahren in der Region angekommen.
Nach der Eiszeit, um 12.000-10.000 v. Chr., verbreitete sich der Villabruna-Cluster in den Rest Europas. Dort ersetzte er die DNA der Magdalénien-Bevölkerung.
Die WHG hatten wahrscheinlich eine dunkle Hautfarbe und blaue Augen. Nach dem Eintreffen der frühen neolithischen Bauern (EEF) wurde die Hautfarbe der europäischen Bevölkerungsgruppen heller.
Die WHG wurden im Neolithikum allmählich von den frühen Bauern verdrängt, aber ihr genetischer Einfluss blieb in einigen europäischen Bevölkerungsgruppen vorhanden. In einigen Gebieten lebten beide Völker lange Zeit nebeneinander. In anderen Regionen, wie den baltischen Staaten und der Iberischen Halbinsel, verschmolzen beide Bevölkerungen.
Osteuropäische Jäger-Sammler (EHG)
Die zweite bedeutende mesolithische Bevölkerungsgruppe sind die osteuropäischen Jäger-Sammler (EHG). Die Grenze zwischen WHG und EHG verlief von der Donau zur westlichen Ostsee. Die EHG bewohnten ein Gebiet von der Ostsee bis zum Ural und weiter zur pontisch-kaspischen Steppe.
Genetisch stammten die EHG hauptsächlich von den alten Nordeurasiern (ANE) aus Sibirien, mit einem kleineren Beitrag der WHG. Die genaue Beziehung zwischen ANE und EHG ist noch nicht bekannt.
Im Neolithikum und der frühen Kupferzeit, zwischen 5200 und 4000 v.Chr., vermischten sich die EHG mit kaukasischen Jägern-Sammlern (CHG), was zur genetischen Linie der westlichen Steppenhirten (WSH) führte, einer Gruppe, die ab etwa 3500 v.Chr. die indoeuropäischen Sprachen und Kulturen über Europa, Indien und Anatolien verbreitete.
Die EHG hatten wahrscheinlich eine helle Haut, braune Augen und helles Haar.
Die EHG erreichten Skandinavien aus dem Norden, während die WHG sich bereits aus dem Süden in Skandinavien niedergelassen hatten. Die beiden Bevölkerungsgruppen verschmolzen zu den skandinavischen Jäger-Sammlern (SHG).
Materielle Kultur
Die Kulturen der WHG, EHG und SHG unterschieden sich voneinander, hatten jedoch dennoch einige Gemeinsamkeiten. Sie führten einfachere Bestattungen durch. Viele Siedlungen befanden sich in der Nähe von Meeren oder Seen, was für eine reichliche Nahrungsversorgung sorgte.
Das Klima war geprägt von der Rückbildung der Eiskappen und der raschen Erwärmung des Klimas. In den Gebieten, die zuvor Tundra's waren, entwickelten sich Wälder, zunächst lichte Kiefern- und Birkenwälder und später gemischte Eichenwälder. Dies führte zu Veränderungen in der Lebensumgebung und Nahrungsversorgung. Die großen Herden des Spätpaläolithikums zogen weg, wodurch sich der Fokus auf die Jagd auf Waldtiere wie Rothirsche, Rehe und Wildschweine sowie Fische, Vögel und kleine Tiere verlagerte. Auch sammelten Menschen Früchte und Nüsse, wobei die Haselnuss einen wichtigen Beitrag zur Ernährung leistete und möglicherweise die erste kultivierte Pflanze in Europa war.
Charakteristisch für das Mesolithikum sind Mikrolithen, Steingeräte von weniger als 3 cm, die in zusammengesetzten Werkzeugen verwendet wurden. Dies war ein deutlicher Fortschritt gegenüber den größeren Steingeräten des Paläolithikums. In einigen Regionen's, wie Irland und den Tyrrhenischen Inseln, blieb jedoch eine makrolithische Technologie in Gebrauch. Auch wurden Schaftäxte aus Feuerstein und Dolche mit organischen Schäften hergestellt, wie sie in Nordrussland gefunden wurden.
Es gibt Hinweise darauf, dass Menschen bereits Konstruktionen mit ritueller oder astronomischer Bedeutung bauten, wie die frühesten Strukturen von Stonehenge und Warren Field in Schottland. Darüber hinaus zeigten archäologische Ausgrabungen von Siedlungen, wie in Dänemark und Norddeutschland, Strukturen, die von Windschirmen und Hütten bis zu halbpermanenten Behausungen mit Böden aus Birkenrinde und Baumstämmen reichten. In Nordeuropa und Skandinavien wurden ebenfalls frühe Häuser und Grubenhäuser gefunden, wie das Tingby-Haus in Schweden und Gressbakken-Häuser in Norwegen.
Aus dem Mesolithikum sind relativ wenige Kunstwerke erhalten geblieben, mit Ausnahme einiger Felszeichnungen im iberischen Mittelmeerraum und im Ural, die Menschen in dynamischen Posen darstellen. Darüber hinaus wurden einige gravierte Anhänger, hölzerne Artefakte und kleine Tierskulpturen gefunden, wie der Elchkopf von Huittinen.
In einigen Regionens verwendeten die Menschen Gräser und junge Zweige, um Schuhe und Körbe herzustellen. Einige dieser Körbe waren mit Farbstoffen verziert. Eine Anzahl von Körben wurde in der Cueva de los Murciélagos in Südspanien gefunden, diese datieren aus etwa 8000 v. Chr.. Dies weist darauf hin, dass fortschrittliche Flechttechniken bereits in der frühen mesolithischen Periode angewendet wurden, möglicherweise sowohl für praktische als auch ästhetische Zwecke. Textilien wurden noch nicht hergestellt.
In Nordosteuropa, Sibirien und Teilen Südeuropas und Nordafrikas gab es zwischen 9500 und 7500 v. Chr. ein „keramisches Mesolithikum“: Die Jäger-Sammler lernten, Töpferwaren herzustellen. Dies begann wahrscheinlich rund um den Baikalsee in Sibirien, von wo aus es sich auf andere Kulturen ausbreitete, wie die Dnepr-Don-Kultur in der Ukraine und Russland, die Narva-Kultur rund um die Ostsee, die Ertebølle-Kultur in Dänemark und die Swifterbant-Kultur in den Niederlanden.
Die Keramik hatte spitz- oder knopfartige Böden und ausladende Ränder. Aufgrund der Ähnlichkeiten in der Keramik dieser Völker ist es wahrscheinlich, dass sie die Tradition voneinander übernahmen und nicht von den neolithischen Bauern, neben denen sie lebten. Dies hatte also mehr mit dem technologischen Austausch zwischen Jägern und Sammlern zu tun als mit der Verbreitung der Landwirtschaft.
In Russland werden diese Kulturen bereits als neolithisch angesehen, da in der russischen archäologischen Tradition das Neolithikum durch die Entwicklung von Keramik definiert wird und nicht durch die Entstehung der Landwirtschaft.
Vom Mesolithikum zum Neolithikum
Um 7000 v. Chr. zogen die ersten Bauern aus Anatolien in das Gebiet um die Ägäis. Dies markierte den Beginn des Neolithikums und brachte eine grundlegende Veränderung des Lebensstils mit sich. Die Bauern brachten das sogenannte neolithische Paket mit sich, bestehend aus Landwirtschaft, Viehzucht, polierten Steinen Äxte und Keramik.
Obwohl der Aufstieg der Landwirtschaft den Beginn des Neolithikums definierte, verlief dieser Übergang nicht überall gleich schnell oder vollständig.
Einige Gemeinschaften übernahmen die Landwirtschaft vollständig und ließen sich dauerhaft in einem Gebiet nieder. Andere kombinierten Elemente von Landwirtschaft und Jagen-Sammeln. Wieder andere Gemeinschaften entschieden sich, ihre traditionelle forschende Lebensweise beizubehalten. Solche Gemeinschaften, wie die in der Blätterhöhle bei Hagen, behielten ihren Jäger-Sammler-Lebensstil mehr als 2000 Jahre nach der Einführung der Landwirtschaft bei.
Dieser Prozess zeigt, wie flexibel mesolithische Gemeinschaften in ihrer Anpassung an sich ändernde Umgebungen und sozioökonomische Bedingungen waren.