Der Cardiophylax (manchmal auch als Kardiophylakès geschrieben) ist eine Art defensiver Rüstung aus der Antike, die entworfen wurde, um den Oberkörper und insbesondere den Herzbereich zu schützen. Der Name leitet sich aus dem Griechischen ab: kardia bedeutet „Herz“ und phylax bedeutet „Beschützer“ – also buchstäblich „Herzbeschützer“. In modernen Begriffen wird es manchmal als Brustplatte, Brustschild, Plastron oder Pektoral bezeichnet.
Konstruktion und Form
Der klassische Cardiophylax bestand meist aus zwei Metallplatten – einer an der Vorderseite des Rumpfes (Brustkorb) und einer an der Rückseite (Rücken). Diese Platten wurden mit Lederriemen oder Bändern verbunden, die über die Schultern und unter den Armen hindurchliefen. Das Ganze bot einen gezielten Schutz der lebenswichtigen Organe, ohne den gesamten Körper zu bedecken, was Bewegungsfreiheit ermöglichte.
Die Form und Dekoration konnten stark variieren. Einige Modelle waren rund, während andere eher quadratisch oder sogar trilobat (dreilappig) waren, wie oft bei den Samniten zu sehen. Spätere Versionen entwickelten sich zu mehr anatomisch geformten Brustplatten mit Reliefs von stilisierten menschlichen Torsoss oder mythologischen Motiven wie dem Gorgoneion (dem Kopf der Medusa) als Abschreckungsmittel.
Geographische Verbreitung und Ursprung
Obwohl der Cardiophylax am bekanntesten aus der italischen Antike ist, wurden ähnliche Schutzstücke auch anderswo gefunden. In Italien wurde die Rüstung bereits vor dem 7. Jahrhundert v. Chr. verwendet – möglicherweise sogar während der Villanovischen Periode (10.–8. Jahrhundert v. Chr.), die als Vorläufer der etruskischen Kultur gilt. In diesem Kontext ist der Cardiophylax eines der frühesten Beispiele für organisierte, persönliche Körperpanzerung auf der italienischen Halbinsel.
Auch außerhalb Italiens wurden vergleichbare Objekte gefunden. Im Nahen Osten wurden sogenannte doppelte kreisförmige Brustplatten (die sogenannten irtu) entdeckt, die bis ins 9. Jahrhundert v. Chr. zurückreichen und mit Kriegern des Königreichs Urartu (im heutigen Armenien) und möglicherweise sogar Assyrien in Verbindung gebracht werden.
Beispiele aus Archäologie und Kunst
Bei archäologischen Ausgrabungen unter anderem in den Abruzzen in Italien wurden mehrere bronzene Scheiben mit einem Durchmesser von etwa 20 cm gefunden. Diese Scheiben waren reich verziert mit stilisierten oder mythischen Tierfiguren. Auch samnitische Krieger nutzten trilobate Brust- und Rückenplatten. Mit der Zeit entwickelten sich diese Brustplatten zu größeren, komplexen und künstlerischen Rüstungsteilen, die den gesamten Oberkörper bedecken konnten.
Es gibt eine berühmte augustinische Reliefszene aus der römischen Zeit, gefunden am Tiber, die Gladiatoren des Typs Provocator mit pektoraler Schutz zeigt. Ihre Brustplatten, verziert mit dem Symbol der Aegis (dem schützenden Schild der Göttin Minerva, einschließlich des Medusakopfes), erinnern stark an militärische Ausrüstung und könnten eine Anspielung auf die Legionärsrüstung früherer Jahrhunderte sein.
Der Cardiophylax im römischen Heer
Der griechische Historiker Polybios, der um das 2. Jahrhundert v. Chr. über das römische Heer schrieb, nennt einen Brustplatte als eines der gebräuchlichsten Schutzstücke unter den römischen Legionären in der mittleren Republik Periode. Er beschrieb diese als eine quadratische Platte von etwa 22,5 cm an jeder Seite, getragen auf der Brust und befestigt mit Lederriemen. Dieser Typ unterscheidet sich jedoch deutlich von den älteren, runden oder trilobaten Platten aus früheren italischen Gebräuchen und auch von den villanovischen Pektoralen.
Bemerkenswert ist, dass es keine direkten römischen archäologischen Funde von diesen quadratischen Brustplatte gibt, wie Polybius sie beschreibt. Das macht eine genaue Rekonstruktion schwierig. Die bekannteren italischen Beispiele stammen aus viel früheren Perioden (8.–6. Jahrhundert v. Chr.) und unterscheiden sich in der Form. So gibt es eine deutliche Kluft zwischen der Verwendung der Cardiophylax in der italischen Welt und dem, was Polybius fünf Jahrhunderte später für das römische Heer beschreibt.
Dieser Typ von Körperschutz wurde hauptsächlich von den Bewohnern der italienischen Halbinsel verwendet, wo er bereits im 7. Jahrhundert v. Chr. auftauchte. Ein ähnlicher Brustpanzer existierte im Nahen Osten und bestand aus zwei runden Brustplatten, was auf seine Verwendung durch die Truppen von Urartu ab dem 9. Jahrhundert v. Chr. hinweist.
Einige Forscher schlagen vor, dass die Gladiatorenausrüstung in der frühen Kaiserzeit ein Echo älterer militärischer Panzerungsmodelle sein könnte. Gladiatoren wie die Provocatores, die oft Panzer trugen, die der Legionärspanzerung ähnelten, könnten so ein indirektes visuelles Zeugnis dafür bieten, wie solche Brustplatten in der Vergangenheit ausgesehen haben könnten.
Funktion und Symbolik
Neben seiner schützenden Funktion hatte der Cardiophylax oft auch einen zeremoniellen oder symbolischen Wert. Die Verzierungen, wie mythische Wesen, Gorgonen oder stilisierte Muskeln, sollten den Träger nicht nur physisch, sondern auch spirituell schützen – zum Beispiel gegen das böse Auge oder feindliche Magie. In dieser Hinsicht war der Cardiophylax mmehr als nur ein Stück Metall: er war ein Teil der Identität und des Status des Kriegers.
Schlussfolgerung
Der Cardiophylax ist ein faszinierendes Beispiel für frühen persönlichen Körperschutz, mit Wurzeln, die bis zu den ältesten militärischen Traditionen Italiens und des Nahen Ostens zurückreichen. Seine Entwicklung von einfachen, dekorativen Brustscheiben zu fortschrittlicheren Brustpanzerung Stücken spiegelt die Evolution der Kriegsführung, des Handwerks und der Symbolik in der antiken Welt wider.
Obwohl unser Verständnis der genauen Verwendung des Cardiophylax im römischen Heer aufgrund des Fehlens direkter Funde unvollständig bleibt, bieten Archäologie, bildende Kunst und Schriften wie die von Polybius dennoch wertvolle Hinweise. Der Cardiophylax bleibt daher ein Schlüsselobjekt in der Studie der antiken Kriegskunst – sowohl praktisch als auch kulturell.