Wikinger Radschmuck wurde entwickelt aus den Sonnenkreuzen die im Neolithikum und die Bronzezeit die Sonne symbolisieren. Die Sonne steht für Fruchtbarkeit und unsere Vorfahren waren sich dessen bewusst. Für neolithische Bauern war der Wechsel der Jahreszeiten von großer Bedeutung. Ihr Überleben hing vom Gelingen der Ernte und der Fruchtbarkeit des Landes ab.
Indo-Europäischer Sonnenkult
Bei den Proto-Indo-Europäischen Hirten der pontischen Steppen kommt das Sonnenkreuz regelmäßig vor. Sie verwendeten es in Felsgravuren und bronzenen Kunstgegenständen, die über Europa und Asien verbreitet waren. Auch in ihrer Religion spielte die Sonne eine zentrale Rolle.
In der Mythologie der indoeuropäischen Völker wird die Sonne oft als strahlendes Rad dargestellt, das von einem Pferd in einem Streitwagen gezogen wird. Die Räder dieses Streitwagens wurden als das vierspännige Sonnenrad dargestellt. Wie bei dem Sonnenwagen von Trundholm.
Pferdeverehrung
Nicht nur die Sonne, sondern auch das Pferd, das die Sonne zog, wurde mit dem Land und der Fruchtbarkeit des Landes in Verbindung gebracht.
Rituelle Prozessionen und Fruchtbarkeitskulte
In Skandinavien während der Wikingerzeit wurden Prozessionen abgehalten, die mit Fruchtbarkeit in Verbindung standen. Die Wikinger kannten lineare und zirkuläre Prozessionen. Lineare Prozessionen sind oft Begräbnisrituale, bei denen die Verstorbenen mit einem Wagen zum Grab gefahren wurden. Zirkuläre Prozessionen standen im Zusammenhang mit Fruchtbarkeit. Sie begannen und endeten an einem heiligen Ort, wie einem Tempel oder Wald, und wurden von rituellen Spezialisten geleitet. Manchmal fanden unterwegs Rituale statt.
Der Kult von Nerthus, wie in Tacitus' Germania, der Saga Gunnars þáttr helmings und Gesta Danorum von Saxo Grammaticus beschrieben, führte solche Prozessionen durch.
Germanische Prozessionen
Im Jahr 98 n.Chr. schrieb der römische Historiker Tacitus über die germanischen Völker.
Er beschreibt die Göttin Nerthus, die von germanischen Stämmen in der Region um die westliche Ostsee (wahrscheinlich Dänemark oder Norddeutschland) verehrt wurde. Laut ihm glaubten diese Völker, dass Nerthus unter den Menschen wandelte und Frieden und Wohlstand brachte. Sie transportierten ihr Bild auf einem von Rindern gezogenen Wagen, begleitet von einem rituellen Spezialisten, und hielten an verschiedenen Orten, wo gefeiert wurde. Während dieser Zeit wurde nicht gekämpft und Waffen wurden weggelegt. Schließlich wurde Nerthus zu ihrem Tempel zurückgebracht, woraufhin der normale Alltag wieder aufgenommen wurde.
Ihre Prozession scheint nicht nur eine Form der Verehrung gewesen zu sein, sondern vor allem darauf abzuzielen, Fruchtbarkeit zu bringen. Dies passt in breitere alt-nordische Fruchtbarkeitsrituale.
Nerthus und die Vanir-Götter
Nerthus wird manchmal mit dem nordischen Gott Njörðr in Verbindung gebracht, der Teil der Vanir ist, einer Gruppe von Göttern, die mit Fruchtbarkeit und Überfluss assoziiert werden. Auch die alt-nordischen Götter Freyr und Freya werden mit Fruchtbarkeit und Wohlstand verbunden. Dies deutet darauf hin, dass der Nerthus-Kult eine frühe Form der späteren nordischen Fruchtbarkeitsverehrung war.
Eine weitere Quelle, die eine rituelle Prozession beschreibt, ist Gunnars þáttr helmings, eine kurze Saga aus dem 14. Jahrhundert. Diese Geschichte spielt in Schweden, wo der heidnische Glaube an Fruchtbarkeitskulte noch stark war.
Die Saga dreht sich um den norwegischen Helden Gunnar, der in Konflikt mit einem rituellen Spezialisten des Gottes Freyr gerät. In der Geschichte wird Freyr in Form eines hölzernen Götzenbildes verehrt, und die weibliche rituelle Spezialistin hat eine sexuelle Beziehung mit diesem Bild als Teil des Kultes.
Der Höhepunkt der Saga ist eine jährliche Prozession, bei der das Bild von Freyr durch die Landschaft gefahren wird.
In verschiedenen nordischen Ritualen spielte eine heilige Hochzeit zwischen einem Gott und einem rituellen Spezialisten eine wichtige Rolle. Dies wurde oft als eine Form von Fruchtbarkeitsritual Magie angesehen. Am Ende einer solchen Prozession fand meist ein rituelles Fest statt, wahrscheinlich in Form eines zeremoniellen Opfermahls.
Nahrung hatte einen zentralen Platz in Fruchtbarkeitsritualen, wie in Texten wie der Hákonar saga góða, Heimskringla und Kjalnesinga saga aus dem mittelalterlichen Norwegen und Island zu sehen ist. In Gunnars þáttr helmings stand die Prozession vor allem im Zeichen der Fruchtbarkeit. Am Ende nahmen die Teilnehmer an einem Festmahl teil, bei dem wahrscheinlich auch Tieropfer gebracht wurden.
Ein weiteres Beispiel für eine solche Prozession finden wir in der Gesta Danorum von Saxo Grammaticus (ca. 1200). Er beschreibt eine Prozession um das Götterbild von Freyr. Auch die Ynglinga saga von Snorri Sturluson erwähnt eine ähnliche post-mortem Prozession.
Solche Prozessionen waren möglicherweise Teil einer breiteren königlichen Tradition, wie die Eriksgatan-Route im Wikingerzeit-Schweden und vergleichbare Rituale im mittelalterlichen Europa. Neben einer zeremoniellen und politischen Funktion hatte die Prozession wahrscheinlich auch eine religiöse Bedeutung.
Rituelles Schauspiel
Eine andere Form der kreisförmigen Prozession findet sich im sogenannten "rituellen Drama" während der Wikingerzeit. Eddische Poesie, ein altnordeuropäisches Genre über Götter und Helden, wurde oft als eine Art ‘Theaterstück’ aufgeführt. Laut dem Forscher Lars Lönnroth entstand eine Aufführung, in der Schauspieler vorübergehend die Rolle von Göttern übernahmen.
Einige dieser Aufführungen, wie Lokasenna, fanden in einem Festsaal statt und erforderten keine Bewegung oder Prozession. Andere Gedichte wurden wahrscheinlich an verschiedenen Orten aufgeführt, was sowohl die Spieler als auch das Publikum zum Umziehen zwang. Diese Tradition spiegelt die rekonstruktionistischen Handlungen wider, die in heidnischen Ritualen stattfinden, ähnlich den Ritualen, die die völva in einem ekstatischen Zustand ausführte.
Kultwagen
Die Tradition von Prozessionen und Kultwagen ist viel älter als die Wikingerzeit. Wagen spielten eine prominente Rolle als Transportmittel in der Kultur der Indo-Europäischen Steppenhirten. Möglicherweise wurden Kultwagen bereits in der Bronzezeit verwendet. Die ältesten Miniaturbeispiele davon sehen wir aus der Urnenfelderkultur ca. 1300 - 950-920 v. Chr.
Einige Beispiele für Kultwagen und Miniatur-Kultwagen sind:
Strettweg Kultwagen: 600 v. Chr.
Skallerup Kultwagen: 1300 - 1100 v. Chr.
Wagen von Dejbjerg: 1. Jahrhundert v. Chr.
Wagen aus dem Oseberg-Grab: Ca. 834 n. Chr.
Freya, die Göttin auf dem Streitwagen
Auffallend ist, dass die Fruchtbarkeitsgöttin Freyja die Rolle der Göttin erfüllte, die auf einem Wagen gezogen wurde. Die Göttin Freya gehörte zu den Wanen, was eine hypothetische Verwandtschaft zwischen den Wanen und den neolithischen Bauern betonen kann.
Frauen repräsentieren Fruchtbarkeit und die Frühlingstagundnachtgleiche kann sowohl mit der Fruchtbarkeit der Menschen als auch des Landes in Verbindung gebracht werden. So können Rituale, die um diese Jahreszeit stattfanden, mit der Sexualität beider assoziiert werden. Ein ähnliches Muster kann in der griechischen Kult von Demeter und Persephone gesehen werden, die ebenfalls möglicherweise aus dem Neolithikum stammen.
Wikinger Radschmuck
In Gräbern aus der Wikingerzeit wurden Dutzende von Schmuckstücken mit Speichenrädern gefunden. Oft haben diese vier, neun oder zwölf Speichen. Einige Schmuckstücke wurden in Gräbern von religiösen Spezialisten oder völvas gefunden.
In der Wikingerkultur stehen Radschmuckstücke für Freya: die Göttin der Fruchtbarkeit und des Todes. Ob der Radschmuck die Räder des Wagens oder die Sonne selbst symbolisiert, ist unklar. Die Bedeutung ist dieselbe. In dieser dharmatischen Religion sind Tod und Fruchtbarkeit miteinander verbunden, und dies wird in der Göttin Freya symbolisiert.
Warum Fruchtbarkeitsrituale
Die Schönheit fruchtbarer junger Frauen stand sowohl für die Fruchtbarkeit des Landes als auch der Menschen. Möglicherweise hatten diese Prozessionen eine sexuelle Bedeutung, sie wurden im Frühling rund um die Ostara und Beltane Feste durchgeführt. Dabei gingen junge Männer und Frauen gemeinsam in die Wälder, um dort die Liebe zu vollziehen. In ganz Indogermanisch Europa kennt diese Tradition ihre Varianten, oft waschen sich die Frauen anschließend mit dem Tau, was für rituelle Reinigung steht.
Maikönigin
Es konnte nur eine Frau die Maikönigin sein. Sie war die Schönste und kam aus der höchsten Klasse der Gesellschaft. Schließlich steht Schönheit sowohl für kosmische Ordnung als auch für Autorität. Sie wurde prächtig gekleidet, wahrscheinlich mit Blumen geschmückt und in einer Prozession auf einem Wagen herumgefahren.
Ohne uns mit unserem modernen Blick auf mögliche Objektivierung des weiblichen Geschlechts zu fixieren, müssen wir verstehen, wie wichtig Fruchtbarkeit für das Überleben unserer Kultur war. Bei einer Kindersterblichkeit von 50 % und einer durchschnittlichen Lebenserwartung von 40 bis 50 Jahren war es von großer Notwendigkeit, die Bevölkerung aufzufüllen, um nicht auszusterben.