Unser Ansatz zur Geschichte

In diesem Blog geben wir mehr Erläuterungen darüber, wie unsere Blogs entstehen. Wir erklären, welche Völker wir als Ausgangspunkt nehmen und wie wir mit ihrer Kultur, Religion und Mythologie umgehen. Anschließend zeigen wir, welche unterschiedlichen Ansätze es gibt, um mit Geschichte umzugehen, und welche Entscheidungen wir beim Schreiben unserer Blogs treffen.

Unsere historischen Blogs, sei es in Form von Zusammenstellungen (get the look) oder informativen Texten, konzentrieren sich hauptsächlich auf Kulturen, die sich aus der Indo-Europäischen Kultur weiterentwickelt haben. Dies liegt daran, dass fast alle unsere historischen Artikel auf Gegenständen aus diesen Kulturen basieren, sei es das frühe Bronzezeit oder das späte Mittelalter. Manchmal werden auch unsere neolithischen Vorfahren thematisiert, die zusammen mit unseren indo-europäischen Vorfahren einen großen Teil unserer europäischen DNA ausmachen. Und gelegentlich verweisen wir auch auf Sammler-Jäger-Fischer oder auf Kulturen anderer Bevölkerungsgruppen.

Wir sind uns der Kulturen und Strömungen bewusst, die nicht aus der Indo-Europäischen Kultur stammen. Obwohl diese mindestens genauso interessant sind, liegt hier nicht unser Fachgebiet. Wir vermeiden es zudem, nicht-indo-europäische Ausdrucksformen und Traditionen kulturell anzueignen.

Menschen wachsen nicht wie Pilze aus dem Boden. Durch Eroberung und Migration breiteten sich Bevölkerungsgruppen über den Globus aus. Mit Hilfe von DNA-Forschung lassen sich diese Bewegungen kartieren. Gerade in der Vorgeschichte ist DNA-Forschung unglaublich nützlich, um Migration und kulturelle Entwicklung zu untersuchen.

Sehr grob gesagt hat sich der Mensch wie folgt über Europa verbreitet:

1. Vor etwa 400.000 Jahren erschien der Homo neanderthalensis in Europa. Hier lebten sie Hunderttausende von Jahren. Fast alle Europäer haben ein kleines bisschen, etwa 1-2% von diesem Neandertaler (NEA) Gen.
2. Vor etwa 45.000 Jahren zogen die Homo sapiens wahrscheinlich aus Afrika nach Europa: die Nahrungsbeschaffer / Jäger / Fischer. Auch hiervon haben alle Europäer ein wenig DNA geerbt, was als WHG (Western Hunter Gatherer) abgekürzt wird
3. Zwischen 8.000 und 9.000 Jahren siedelten sich die ersten anatolischen Bauern in Europa an. Sie sind bekannt als die neolithischen Bauern (Early European Farmers oder EEF). Fast alle Europäer stammen ein wenig von ihnen ab.
4. Vor etwa 5.000 Jahren zogen nomadische Stämme aus der russischen und ukrainischen Steppe nach Europa. Diese Menschen, die Western Steppe Herders (WSH), waren die Vorfahren fast aller europäischen Kulturen, wie die Griechen, Römer, Germanen (Wikinger), Slawen und Kelten.

Da sich diese letzte Gruppe aus einem archäologischen 'Horizont' der Jamnaja und Schnurkeramikkultur über Europa ausbreitete, wurde auch ihre Sprache, das Proto-Indogermanisch, und Kultur durch Europa verbreitet. Durch diesen gemeinsamen Vorfahren bestehen auch Parallelen zwischen den verschiedenen Kulturen, die wir in unseren Blogs regelmäßig ansprechen werden.

Die meisten unserer Blogs behandeln europäische Kulturen ab der Eisenzeit ca. 800 v. Chr.. Wie oben zu sehen ist, lebten die indoeuropäischen Völker damals bereits etwa 2.500 Jahre lang in Europa. Unsere Blogs decken also nur einen kleinen Teil der Geschichte der Menschheit ab.

Im Laufe der Jahrhunderte haben unsere Vorfahren verschiedene Religionen ausgeübt.

Zwischen etwa 3.000 v. Chr. und dem frühen 11. Jahrhundert, und indirekt bis heute, war das europäische Heidentum weit verbreitet. Das europäische Heidentum ist hierarchisch und animistisch und verehrt die Götter, Ahnen und Geisterkräfte in der Natur. Das europäische Heidentum ist die religiöse Tradition der Menschen, die den Großteil unseres Rahmens ausfüllen.

Ab der späten Antike setzt sich das Christentum durch und ersetzt allmählich das Heidentum. Aus der Sicht unserer polytheistischen europäischen Vorfahren war der christliche Gott zunächst 'nur' eine Ergänzung zum bestehenden Pantheon und ersetzte dann (wahrscheinlich unerwartet) alle Götter. Das monotheistische Christentum hat vieles aus der alten Religion übernommen. Daher sind sowohl in der (früh-)mittelalterlichen Religion als auch in der späteren Folklore zahlreiche vorchristliche Elemente vorhanden. Die Bevölkerung änderte sich schließlich nicht radikal, nur ihre Religion änderte sich.

Ein Mythos ist eine Erzählung, die einer Gruppe von Menschen, einer Kultur oder einem Volk Wahrheiten oder Werte vermittelt, mit denen sich diese Gruppe identifizieren und die Welt verstehen kann. Ein Mythos kann sowohl von Göttern, übernatürlichen Erscheinungen als auch von historischen Ereignissen handeln. Daher müssen Mythen mit großem Respekt behandelt werden. 

In den abrahamitischen Religionen des Christentums, Judentums und des Islam werden mythologische Geschichten in einen historischen Zeitrahmen eingeordnet. Im europäischen Heidentum wird dies nicht getan. Der Zeitrahmen ist daher lockerer und flüssiger. Das bedeutet jedoch nicht, dass dieser traditionelle Ausdruck nicht ernst genommen werden sollte. Ganze Völker und Kulturen leiten einen großen Teil ihrer Identität und sozialen Umgangsnormen aus diesen Geschichten und Traditionen ab, die über Tausende von Jahren von unseren Vorfahren überliefert wurden. 

In unseren Blogs streben wir danach, mythologische und religiöse Ausdrucksformen mit den ursprünglichen Geschichten und Werten in Einklang zu bringen, damit wir die historischen Traditionen so weit wie möglich intakt halten können.

Beim Interpretieren heidnischer Mythen ist es oft nicht unser Ziel, eine historische Rekonstruktion zu machen, sondern eine epische Darstellung, bei der wir so viele Details und Elemente wie möglich traditionell halten. Zum Beispiel: Was ist Thor ohne Hammer? 

Unsere Vorfahren kannten keine Grenze zwischen dem Natürlichen und dem Übernatürlichen. Alles war miteinander verbunden gemäß einer gesetzmäßigen kosmischen Ordnung. Es existierte eine reiche Folklore, die unerklärliche Phänomene deutete. Auch Charaktere wie Zwerge und Elfen sind aus diesem Weltbild entstanden.

Manchmal ziehen wir Parallelen zwischen historischer Fantasy (Folklore) und moderner Fantasy, wie Herr der Ringe und Rollenspiele wie LARP und Dungeons & Dragons. Auch dabei versuchen wir, wie bei der Mythologie, das Muster darum herum so repräsentativ wie möglich zu halten. 

Beim Erstellen historischer Kompositionen widmen wir der Zusammenstellung ebenso viel Zeit wie dem kulturellen und historischen Kontext, in den wir sie einordnen. In unseren Augen sind beide gleichermaßen wichtig, da die Rekonstruktion eine Kultur und Traditionen repräsentiert, weshalb wir sie mit Respekt behandeln. Das bedeutet auch, dass wir manchmal Ansichten, mit denen wir als moderne Menschen nicht einverstanden sind, objektiv zu betrachten versuchen. Gemäß dieser Interpretation versuchen wir, ihre Traditionen auszudrücken. 

Unser Ausgangspunkt ist, dass Geschichte sich um die betreffende Kultur, die daraus resultierenden Traditionen und die Lebensweise jener Zeit dreht. Das Outfit und die Gegenstände geben dies wieder. Wie genau eine Szenerie sein muss, hängt ganz vom (persönlichen) Ziel ab. 

Beim Erstellen historischer Kompositionen verwenden wir Produkte, die wir selbst verkaufen. Unser enormes Sortiment bietet dabei einen großen Vorteil. Im Vergleich zu allen Gegenständen aus der europäischen Geschichte ist das Angebot jedoch begrenzt. So werden viele unserer Kleidungsstücke aus Baumwolle hergestellt. Alle Kleidungsstücke, die wir verkaufen, haben eine bestimmte Auflage pro Jahr, und Kleidung, die sich nicht verkauft, lassen wir nicht herstellen. 

Deshalb sind unsere historischen Outfits eine Annäherung und wir behaupten nicht, dass die Outfits 100% historisch korrekt sind. So haben wir beispielsweise ein begrenztes Angebot an Kleidung aus dem 16. und 17. Jahrhundert und die etruskische Kultur ist unterbelichtet. In solchen Fällen entscheiden wir uns, eine Komposition zu erstellen, die so zugänglich wie möglich ist und eine möglichst repräsentative Annäherung an das historische Original darstellt.

Wenn Sie ein 100% museumswürdiges historisch korrektes Outfit tragen möchten, ist es besser, die Kleidung selbst herzustellen (mit selbst gewebten Stoffen) und mit Accessoires wie Gürteln, Schnallen und Schuhwerk aus unserem Sortiment zu ergänzen. 

Wir sind uns der ganzen Arbeit und Mühe bewusst, die Living Historians in die Erstellung eines möglichst repräsentativen Outfits investieren. Wir selbst waren jahrelang (Living) Historiker und (experimentelle) Archäologen und haben viel Erfahrung damit. Mit unseren Blogs versuchen wir, eine Brücke zwischen einer repräsentativen Rekonstruktion und der Zugänglichkeit für ein breites Publikum zu schlagen.

Das Ziel der lebendigen Geschichte und Reenactment ist es, eine möglichst genaue Annäherung an eine historische Person und Umgebung zu schaffen, aber 100% korrekt ist nie möglich. Auch wenn Ihre Kleidung, Waffen und Accessoires 100% korrekt sind, haben Sie möglicherweise nicht das Alter, die Statur oder das Körpergewicht. Zudem haben Sie eine andere Denkweise, da Sie in der modernen Zeit geboren sind. Es ist bewundernswert, der historischen Realität so nahe wie möglich zu kommen, aber wir müssen auch anerkennen, dass wir diese als moderne Menschen niemals vollständig verstehen werden und dass es hier Grenzen gibt.

Die akademische Welt versucht, die Geschichte so genau wie möglich zu erforschen, aber auch sie haben ständig mit Vorurteilen zu kämpfen, die beispielsweise durch Textanalyse historischer Quellen entstehen. Die Einschränkung dabei ist, dass wir alle historischen Quellen durch den Filter unseres modernen Gehirns lesen. Unsere Sicht auf die Geschichte ist größtenteils eine Interpretation, die wir aus unserer modernen Welt heraus machen. Niemand wird jemals vollständig objektiv wissen, wie es war, in jener Zeit zu leben, es sei denn, man wurde in jener Zeit geboren und hat darin gelebt. Und selbst dann hatte jeder Mensch in jener Zeit eine andere Erfahrung, abhängig von Lebensraum, sozialer Klasse, Geschlecht, mentalem und körperlichem Zustand usw.

Außerhalb der akademischen Welt gibt es eine große Gruppe von Menschen mit einer tiefen Leidenschaft für Geschichte, die lebendige Geschichte und Reenactment betreiben. Sie streben nicht unbedingt danach, Geschichte zu 100 % historisch korrekt zu betrachten, sondern bereichern vor allem ihr Leben mit (Elementen der) Geschichte und folgen dabei den Spuren alter Traditionen und ihrer Vorfahren. Ein Beispiel hierfür ist die Wikingerkultur auf Festivals wie Castlefest. Man hat ein gewisses historisches Interesse an Wikingern und möchte (Teile der) Wikingerkultur in das eigene Leben integrieren. Auch dies ist ein historisches Phänomen. Im Laufe der Geschichte haben Kulturen von anderen Kulturen gelernt und Elemente übernommen und in ihre eigene Kultur integriert oder auf ihre Vorfahren zurückgegriffen. Es ist ein historischer Ansatz, der anders ist als Reenactment und lebendige Geschichte, aber nicht 'weniger' oder 'falsch'.

Es ist also wichtig zu verstehen, dass es aus einer gemeinsamen Leidenschaft und Interesse mehrere Herangehensweisen an die Geschichte gibt, wobei es nicht das Ziel eines jeden ist, einen vollständig historisch korrekten Wikinger mit Leinen Kleidung darzustellen. Wir finden, dass all diese Herangehensweisen an die Geschichte wichtig sind und dass man respektvoll miteinander umgehen sollte. Auch wenn die Herangehensweise und Interpretationen eines anderen zur Geschichte anders sind als deine. 

Niemand kennt schließlich die Wahrheit, warum ist deine Wahrheit, die du auf die Geschichte projizierst, besser als jemand, der Geschichte auf eine andere Weise auf sein Leben anwendet?

Das Ziel der Geschichte in allen Herangehensweisen ist, dass sie dein Leben bereichert, sie gibt dir eine Verbindung zur Vergangenheit. Ob es nun dein Ziel ist, mit deinem faktischen Wissen über Geschichte eine so korrekt wie möglich historische Person darzustellen, oder ob du einen Katalysator suchst, über den du mit deinen Vorfahren in Verbindung treten kannst. 

Gib anderen den Raum, ihre Leidenschaft auszuüben und ihr Glück darin zu finden. Und erkenne als Reenactor, dass sich jemand auf dem Castlefest nicht unbedingt als historisch korrekte Person kleidet, aber dass seine Assoziation mit Geschichte, seinen Vorfahren und Traditionen ebenso realistisch sein kann.

Natürlich sind wir offen für deine Perspektive auf die Geschichte! Fühle dich frei, den Dialog mit uns zu führen. Wir sind sehr daran interessiert. Wir verstehen den 'Sport', Rekonstruktionen so historisch wie möglich zu gestalten und berücksichtigen die Interessen der beteiligten Parteien. Wenn du ein historisches Bekleidungsatelier bist, hast du andere Perspektiven als wir, die wir uns zum Ziel gesetzt haben, Geschichte für ein breites Publikum zugänglich zu machen. Geschichte ist in unseren Augen ein sehr soziales Thema, weil es von allen ist.